Lehrlingslohn von 4'000 Franken?!

Diese Ankündigung von Bell hat eine Diskussion über Sinn und Zweck von Löhnen in der beruflichen Grundbildung ausgelöst.

Ziel der beruflichen Grundbildung ist es, den Lernenden berufsspezifische Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, die es ihnen ermöglichen, im Beruf Fuss zu fassen. Jeder Lernende besucht mindestens einen Tag die Berufsfachschule und arbeitet maximal 4 Tage im Betrieb. In dieser Zeit werden ihm die handwerklichen Kenntnisse und die notwendige Sicherheit durch den Ausbilder vermittelt.

Je nach Beruf kann der Betrieb etwa ab dem letzten Ausbildungsjahr mit einem positiven Ertrag aus der Arbeitsleistung seiner Auszubildenden rechnen.

Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse darüber, dass der Lehrlingslohn für Jugendliche bei der Berufswahl einen so hohen Stellenwert einnimmt, dass sie sich a) nur deshalb für diesen Beruf entscheiden und b) die monetäre Motivation dann über die gesamte Ausbildungszeit durchhalten.

Die vielen fehlenden Fachkräfte in den unterschiedlichsten Berufsfeldern zwingen die Unternehmen dazu, kreativ zu werden und neue Wege zu finden, um Auszubildende - also die zukünftigen Fachkräfte - zu gewinnen! Dass dabei auch "heilige Kühe", in diesem Fall die Lehrlingslöhne, angesprochen werden müssen, versteht sich von selbst.

Wenn Bell diese Idee umsetzt, stellt sich neben der Frage, ob damit die richtigen Jugendlichen angesprochen werden, auch die Frage, was mit der beruflichen Grundbildung in der Branche geschieht. Hier sehen viele Fachleute eine grosse Gefahr!

Was passiert, wenn Jugendliche den Beruf aufgrund der Ausbildungsvergütung wählen? Bleiben sie dann als Fachkräfte im Beruf? Wenn sie nicht im Beruf bleiben, wurden hohe Ausbildungskosten verursacht, die keinen Return on Investment (ROI) bringen.

In der Branche könnten Lernende aus kleineren Betrieben, die diesen Lohn betriebswirtschaftlich nicht bezahlen können, abgezogen werden, was zwar Bell als Unternehmen helfen würde, nicht aber der Branche, da nicht mehr Fachkräfte ausgebildet würden.

Fazit
Ob der geplante Lehrlingslohn bei Bell die erhoffte Wirkung erzielen kann, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.

Aus unserer Sicht wäre es sinnvoller, mehr in die Ausbildung der zukünftigen Fachkräfte zu investieren. Sei es durch interne oder externe Zusatzausbildungen oder durch eine befristete Übernahme nach der Lehre, um eine temporäre Arbeitslosigkeit zu verhindern.